Wuhlheide erleben favicon

Neuer Schwerpunkt in der Wuhlheide: eine Welt für Kinder

Pionierpark 1951
Eingangsportal des Pionierparks „Ernst Thälmann“ mit einer Gruppe bulgarischer Kinder am 31.07.1951, Foto: Hans-Günter Quaschinsky (Bundesarchiv, Bild 183-15682-0006)
Eingang zur Pionierrepublik Ernst Thälmann in der Wuhlheide, v. Herbert Hensky (bpk Bildagentur, Nr.30037964)

Bereits kurz nach Kriegsende entwickelte der Stab von Generaloberst Bersarin, dem ersten sowjetischen Stadtkommandanten von Berlin, Pläne zur Errichtung eines Parks für die Berliner Schuljugend. An der Suche nach einem geeigneten Standort beteiligten sich u. a. Walter Ulbricht, Klaus Herde und Margot Feist (später Margot Honecker). Sie suchten zunächst am Müggelsee, wurden jedoch nicht fündig, da der Standort als Hauptforderungen Wasser und eine günstige Verkehrslage bieten sollte.

Wuhlheide – Standort mit Potential

Auf dem Rückweg von dieser Exkursion fuhr der Suchtrupp die Straße An der Wuhlheide entlang und beschloss, auch hier noch einmal nachzusehen. Das Gelände auf der Höhe des ehemaligen Haupteingangs zur Pionierrepublik war verwildert und mit Gräben aus dem Krieg durchzogen, berichtet ein Zeitzeuge. Margot Feist erkannte das Potenzial und so beschloss die 4. Tagung des Zentralrates der Freien Deutschen Jugend im Dezember 1949, anlässlich des 1. Deutschlandtreffens der FDJ Pfingsten 1950 eine Republik der Jungen Pioniere in der Wuhlheide einzurichten. Die 2 km² große Zeltstadt wurde zur Geburtsstunde des Pionierparks „Ernst Thälmann“. (Literatur: Die Wuhlheide, Dokumentation der Projektgruppe „Stadtmaler“ 1996/97; Edition Motiv der ARBLI GmbH, S. 22)

Einen Abriss über die Entstehung des Pionierparks sowie die gestalterischen Eingriffe in die Parklandschaft liefert der Artikel „Pionierpark Ernst Thälmann“ von Sylvia Butenschön, erschienen in: Parkanlagen und Stadtplätze, in der Reihe: Gartendenkmale in Berlin, hrsg. vom Landesdenkmalamt Berlin, Michael-Imhof-Verlag Petersberg, S. 468 f.

Pionierpark 1951
Badesee mit Sandstrand im Pionierpark am 24.07.1951, Foto: Heinz Funck (Bundesarchiv, Bild 183-11453-0007)
Pionierpark 1951
Waldparkartige Partie im Pionierpark mit Denkmal, 1951 (Bundesarchiv, Bild 183-19000-0293)
Pionierpark 1951
Die Freilichtbühne in der Hauptachse des Pionierparks mit einer seitlichen, gebirgsartig anmutenden Bepflanzung und Steinsetzungen, 24.07.1951, Foto: Heinz Funck (Bundesarchiv, Bild 183-11453-0001)

Pionierpark Ernst Thälmann

1950 wurde im östlichen Teil des Volksparks Wuhlheide der Pionier- und Kulturpark „Ernst Thälmann“ eingerichtet. Dieser Parkteil sollte als Pionierrepublik für die Kinderorganisation des sozialistischen Jugendverbandes Freie Deutsche Jugend FDJ dienen. Derartige Parkanlagen entstanden nach sowjetischem Vorbild in der gesamten DDR, doch für die Anlage in der Hauptstadt galt natürlich ein besonders hoher Anspruch. Der Entwurf enthielt alle wichtigen Bestandteile dieses Parktyps, Sportstätten, einen Schulgarten, der nach dem russischen Botaniker als Mitschuringarten bezeichnet wurde, einen See und einen Festplatz in Form einer Tribünenanlage. Wahrscheinlich lag die Planung in den Händen des Gartenarchitekten Reinhold Lingner (1902-1968), der bis Mai 1950 Leiter des Amtes für Grünplanung beim Magistrat und damit für wichtige Freiflächenplanungen zuständig war.

Obwohl Ende 1950 die finanziellen Mittel zur Ausgestaltung der Parkanlage drastisch gekürzt wurden, konnte der Pionierpark bis zu den III. Weltfestspielen der Jugend und Studenten im Sommer 1951 auch mit Hilfe des Einsatzes von Freiwilligen fertig gestellt werden. Die fachliche Leitung hatte das Grünflächenamt des Bezirks Köpenick, für die Detailplanung und Ausführung waren die aus der bekannten Baumschule Späth hervorgegangenen Vereinigten Gartenbaubetriebe Baumschulenweg verantwortlich.

Ein großer Badesee mit Sandstrand erweiterte die Nutzungsmöglichkeiten in dem Waldbestand der Wuhlheide gerade für Kinder und Jugendliche enorm. Der See war nicht nur während der Weltfestspiele ein beliebter Aufenthaltsort für die Teilnehmer. Hier wurde seit 1951 auch regelmäßig Schwimmunterricht erteilt, so dass viele Köpenicker Schüler im Pionierpark das Schwimmen gelernt haben. Als zentrales Element des Pionierparks wurde eine große hufeisenförmige Freilichtbühne geschaffen. Die Tribünen schichtete man aus Trümmerschutt auf, der anschließend mit dem Aushubboden des in der Nähe angelegten Sees abgedeckt wurde. Die Bühnenanlage bot Platz für 20.000 Zuschauer und konnte damit gut drei Viertel aller Teilnehmer der Weltfestspiele 1951, die aus über hundert Ländern angereist waren, aufnehmen. Der zum südlichen Parkeingang hin gelegene Bühnenraum wurde seitlich begrenzt von den zu den Tribünen aufsteigenden Böschungen. Diese waren mit Steinsetzungen und Mäuerchen aus Kalkstein sowie einer Bepflanzung mit verschiedenen Koniferen, wie Wacholder, Eiben und Scheinzypressen, wie eine kleine Gebirgslandschaft ausgestaltet. Die Freilichtbühne diente auch in den folgenden Jahrzehnten unter anderem im Rahmen von regelmäßigen Ferienlagern für Kinder und Jugendliche kulturellen und sportlichen Veranstaltungen ebenso wie politischen Demonstrationen. Um die Tribünenanlage herum gestaltete man den Waldbestand der Wuhlheide zu einem Waldpark aus. Durch die Anlage von Rasenstreifen entlang der Wege und eine Unterpflanzung des Altbaumbestandes mit Sträuchern und Laubholz erfuhr der Forst eine gartenkünstlerische Aufwertung, die durch Bildwerke noch gesteigert wurde. So weist die Plastik einer Gruppe Jugendlicher und Kinder auf die Funktion des Pionierparks als Stätte der freundschaftlichen Begegnung, des Austausches und des gemeinschaftlichen von- und miteinander Lernens hin.

Die Haupterschließung zur Bühne erfolgte von Süden über eine repräsentative Wegeachse, die ursprünglich aus einer von Blumenbeeten und schmaleren Wegen flankierten Mittelpromenade bestand. Den Platz vor dem Eingang markierte ein flaches rechteckiges Wasserbecken mit einer Fontaine in der Mitte. Ende der 1970er Jahre wurde östlich der Freilichtbühne der Pionierpalast gebaut, der heute als Kinder-, Jugend- und Familienzentrum FEZ bekannt ist. Dies verlagerte die Besucherströme nach Osten, so dass die Bedeutung der Eingangsachse sank und daher eine gestalterische Vereinfachung zu einem breiten Rasenstreifen vorgenommen wurde.

Trotzdem bildet die Hauptwegeachse noch heute zusammen mit der Freilichtbühne und dem benachbarten Badesee eine inhaltliche und gestalterische Einheit, die ihre Entstehungszeit in der frühen DDR sowohl durch die verwendeten spezifischen Bau- und Pflanzmaterialien als auch durch eine gewisse Monumentalität widerspiegelt.

Literatur:

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