Über Einzelheiten und die weitere Entstehungsgeschichte des Volks- und Waldparks Wuhlheide informiert ausführlich der Artikel „Volkspark Wuhlheide. Köpenick/Oberschöneweide“ von Sylvia Butenschön, erschienen in: Parkanlagen und Stadtplätze, in der Reihe: Gartendenkmale in Berlin, hrsg. vom Landesdenkmalamt Berlin, Michael-Imhof-Verlag Petersberg, S. 464 – 467
Im westlichen Teil des großen Waldbestandes der Wuhlheide lässt sich an verschiedenen Stellen eine parkartige Gestaltung entdecken, die auf die Anlage eines ausgedehnten Volksparkes der 1920er Jahre zurückgeht. Ein Bereich von etwa 80 Hektar des ehemals mehr als doppelt so großen Parks, in dem sich die historischen Strukturen noch ablesbar erhalten haben, ist heute als Gartendenkmal ausgewiesen.
Das große Waldgebiet nordwestlich von Köpenick war 1911 vom Zweckverband Groß-Berlin gekauft worden, um hier ein Wasserwerk zu errichten, mit dem die Trinkwasserversorgung des wachsenden Ortsteiles Oberschöneweide sichergestellt werden sollte. Damit einher ging die Verpflichtung, den Waldbestand zu erhalten und ihn als Erholungsort für die Bewohner der angrenzenden Ortsteile zu erschließen. Nach der Fertigstellung des Wasserwerkes 1914 trat aufgrund des Ersten Weltkrieges die Parkplanung in den Hintergrund. Nur ein erster Ferienspielplatz für Stadtkinder entstand 1916 nördlich des Wasserwerk-Geländes. Das Waldpark-Projekt wurde erst nach Kriegsende durch die Treptower Gartenamtsverwaltung wiederaufgenommen. Der Gartendirektor Ernst Harrich (1886-1941) legte 1923 einen Entwurf für einen etwa 200 ha umfassenden Volkspark in der Wuhlheide vor. In seinem Parkkonzept griff er die vorhandenen Relief- und Vegetationsstrukturen auf und gestaltete mit formalen ebenso wie landschaftlichen Teilbereichen einen zeitgemäßen Volkspark, der mit den Entwürfen Erwin Barths für die Rehberge oder die Jungfernheide vergleichbar ist. Der Plan wurde mit Unterstützung der Berliner Stiftung “Park, Spiel und Sport” unter Einbeziehung von Arbeitslosen im Wesentlichen bis 1932 umgesetzt. Allerdings musste das Ausstattungsprogramm aufgrund der wirtschaftlich schwierigen Situation dieser Zeit reduziert werden.
Die Grundstruktur der Anlage bildet eine in West-Ost-Richtung verlaufende Hauptallee, die als Eichgestell bezeichnet wird und schon im 18. Jahrhundert als Forst- und Jagdweg in diesem Waldgebiet angelegt worden war. Überwiegend nördlich dieser Achse schuf Harrich verschiedene Parkräume für den kontemplativen und aktiven Aufenthalt im Freien. In der Niederung des Baches Rohrlake entstand eine Sportwiese mit den enormen Ausmaßen von einem Kilometer Länge und 120 Metern Breite, südlich davon ein Licht- und Luftbad mit Schwimmbecken, ein weiteres stadionartiges Sportfeld sowie eine große von Einzelbäumen und Baumgruppen bestandene Waldwiese in Form eines Hippodroms.
Daran anschließend sah Harrich einen Hängemattenhain sowie einen Kinderspielplatz mit unterschiedlichen Spielgeräten vor. Südlich des Eichgestells wurde eine natürliche Geländebewegung genutzt, um eine Rodelbahn für Kinder anzulegen. Im räumlichen Zusammenhang entstand ein Heckengarten mit vorgelagerter Freilichtbühne, die für Vorführungen von Volkstänzen und Konzerten gedacht war. In dem Bereich zwischen dem Wasserwerk und dem Waldfriedhof Oberschöneweide formte Harrich die Rohrlaken-Niederung zu natürlich wirkenden Wiesenflächen aus, auf denen gelagert werden sollte. Der Bach wurde am Nordrand der Wiese entlanggeführt und in einer Querachse zwischen dem Wasserturm auf dem nördlich gelegenen Wasserwerksgelände und einem geplanten Terrassengarten mit Gaststätte im Süden zu einem Planschbecken ausgeweitet. Diese Plansche hatte einen Sandstrand und einen künstlerisch gefassten Zulauf vom Wasserwerk aus, der diesen Bereich ständig mit Frischwasser versorgte. Über die angrenzende Blumenwiese, die beispielsweise mit Lupinen besät wurde, bildete der Wasserturm einen zentralen Blickpunkt.
Nach Osten wurde die Wiesenniederung fortgesetzt und endete in einem Bereich, der als Naturschutzgebiet von menschlicher Nutzung ausgeschlossen werden und als Lebensraum für die heimische Vogelwelt sowie Rehe und andere Wildtiere dienen sollte. In diesem Bereich des Waldes war zudem die Umnutzung eines Forsthauses zu einem landwirtschaftlichen Gehöft mit angrenzendem Obstgarten und Viehkoppeln vorgesehen. Hier sollte den Großstadtkindern ein Eindruck eines landwirtschaftlichen Betriebes vermittelt werden. Insgesamt bot die Anlage also sowohl vielfältige Möglichkeiten zum sportlichen, körperlich stärkenden Aufenthalt in der als besonders gesundheitsfördernd angenommenen Waldluft als auch zur ruhigen Erholung in einer naturnah und teilweise ländlich-landschaftlich wirkenden Umgebung.
Die Rahmenbedingungen für die Anlage eines naturnahen Waldparks waren für Harrich nicht optimal. Aufgrund der intensiven Wasserförderung durch das Wasserwerk war es im Gebiet zu einem Absinken des Grundwassers gekommen, was zum Absterben vieler dort vorhandener Eichen geführt hatte. Harrich selbst sprach von einer “trostlosen Wüstenei”, die er wieder in einen Wald verwandeln musste. Dafür war es notwendig, für die neuen Anpflanzungen trockenheitsresistente Arten zu verwenden. Trotzdem versuchte Harrich, vorwiegend natürlich vorkommende Baumarten zu verwenden und heimische Vegetationsbilder zu erzeugen. Sein Ziel war ein schöner “Dauerwald, in dem die Natur zu ungehinderter Entfaltung kommen darf”(* FN: Harrich 1929, S. 25.)
Während des Zweiten Weltkrieges wurde der Park vernachlässigt und durch massiven Holzeinschlag devastiert. Seit 1949 wurden daher umfangreiche Aufforstungen und Instandsetzungen vorgenommen. Im westlichen Teil wurden allerdings großflächige Bereiche als Militärlager der sowjetischen Stadtkommandantur und später als Kasernengelände in Anspruch genommen und somit der Parknutzung entzogen. In diesem Zusammenhang verlagerte sich das Interesse der Besucher seit den 1950er Jahren stärker in den östlichen Teilbereich der Wuhlheide, der als Kulturpark nach sowjetischem Vorbild ausgestaltet wurde. Hier kam es zu so starken Veränderungen, dass heute nur noch der westliche Teil des ehemaligen Volksparkes in der Grundstruktur der 1920er Jahre erhalten ist. Hier wird der Waldpark noch durch den Wechsel landschaftlicher Waldbereiche und offener Flächen in Form von Wiesen- oder Rasenflächen geprägt.
Einige geometrische Strukturen zeichnen sich im Gelände ab. Ganz im Westen liegt das Sommerbad Wuhlheide, das in der Tradition des hier 1932 eröffneten Licht- und Luftbades nach dem Zweiten Weltkrieg wieder aufgebaut wurde. Auch die Struktur der großen Waldwiese und des ehemaligen Kinderspielplatzes ist erhalten. Die Sportwiese, die lange durch GUS-Truppen genutzt worden war, bildet heute eine Brachfläche, die durch Sukzession teilweise in Wald übergeht. Das frühere separate Sportstadion ist heute zu einer Modell-Landschaft umfunktioniert, in der man berühmte Berliner Baulichkeiten als Miniaturnachbildungen besichtigen kann.
Die Rodelbahn südlich des Eichgestells, die Harrich aus einer Sanddüne entwickelte, wurde Anfang der 1950er Jahre in leicht veränderter Form wieder eingerichtet und besteht bis heute als winterlicher Anziehungspunkt. Vom oberen, von Eichen gerahmten Plateau eröffnet sich ein Blick zur südlichen gelegenen Christuskirche in Oberschöneweide. Der ehemalige Heckengarten zeichnet sich nur noch in den Grundstrukturen ab. Drei Treppenanlagen mit integrierten Bankplätzen verbinden mehrere Terrassenebenen, zwischen denen Böschungen ausgebildet sind.
Auch von der wichtigen Raumachse südlich des Wasserturms, wo sich die hufeisenförmige Blumenwiese, die Rohrlakewiesen mit Plansche und ein Terrassengarten befanden, sind nur Relikte erhalten. Die ehemalige Plansche besteht als ein natürlich anmutender kleiner Teich fort, der sich im weiten Wiesengrund der Rohrlake befindet. Der Wasserturm musste in seinem oberen Teil wegen schwerer Kriegsschäden abgetragen werden und erhielt ein neues Zeltdach. Seine Funktion als Point de vue erfüllt er aber auch noch heute. Der Terrassengarten, der Blumengärten und Sitzbereiche umfasste, ist nur noch anhand einer Aufschüttung und einer regelmäßigen Lindenpflanzung zu entdecken.
Im gesamten Park kann der aufmerksame Besucher also auf Spuren einer früher intensiveren Gestaltung stoßen und so die Nutzungsintensität von Volksparks der 1920er Jahre im heutigen eher extensiven Waldbestand erahnen. Der Waldparkbereich zeichnet sich durch einen Gehölzbestand von alten Eichen, gemischt mit Kiefern, Buchen, Ahorn, Linden und Birken, aber auch verschiedenen Ziersträuchern aus. Die von Harrich einst beabsichtigte Inszenierung heimischer Waldbilder ist so noch heute in verschiedenen Partien erlebbar und tradiert das Konzept, dem Stadtbewohner eine naturnahe Umgebung zur Erholung anzubieten.
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